challenge-magazin

Rothaus Bike Giro Hochschwarzwald 2019

Erster Triumph für Julian Schelb, Robyn de Groot kurbelt am schnellsten

Sonne satt und ein dramatisches Finale: Die vier Tage Rothaus Bike Giro Hochschwarzwald sind am Sonntag mit dem Gesamtsieg der Südafrikanerin Robyn de Groot und des Münstertälers Julian Schelb zu Ende gegangen. Beide gewannen am Feldberg auch die 47,2 Kilometer lange Schlussetappe, Schelb allerdings erst nachträglich.

Die Protagonisten bei den Herren lieferten sich bei Sonnenschein und Temperaturen um 25 Grad auf dem Schlussabschnitt ein tolles und ereignisreiches Rennen und der Verlauf wurde noch mal zur Bestätigung dessen, was bereits in den vergangenen drei Tagen erkennbar war: Vier Fahrer bewegten sich auf dem gleichen Niveau. Der Fünfte, der Tscheche Matous Ulman (Ceska Sporitelna), hatte vier Minuten Rückstand und bekam am letzten Tag „Ausgang.“ Davor hatte der Breitnauer Matthias Bettinger (Stop&Go Marderabwehr) für seinen Teamkollegen Julian Schelb am zweiten Berg Tempo gemacht. „Das Tempo war nicht hoch und Matze hat mir mit seiner Arbeit sehr geholfen“, erzählte Schelb.

Ulman konnte sich dann bis zur Verpflegungszone am Todtnauer Kurpark 1:20 Minuten Vorsprung heraus fahren. Simon Stiebjahn (Team Bulls), mit nur fünf Sekunden Rückstand auf das Gelbe Trikot von Schelb in die letzte Etappe gegangen, erlitt auf der Abfahrt einen Reifendefekt, einen „Vorderrad-Schleicher.“ Doch er und sein Teamkollege Simon Schneller exerzierten die hohe Kunst der Pannenhilfe. Schneller präparierte im Trail während der Fahrt bereits die Luftpatrone, in einer Serpentine, wo das Tempo ohnehin auf Null gedrosselt werden musste, hielt Stiebjahn an, öffnete das Ventil und schnappte sich Schnellers Patrone. „10, 15 Sekunden hat das vielleicht gekostet“, so Stiebjahn. Mit diesem Rückstand auf die Gruppe um Julian Schelb kam Stiebjahn in Todtnau den Serpentinen-Trail vor der Verpflegungszone herunter, eine Passage, die später noch eine Rolle spielen sollte.

Stiebjahn schloss wieder auf und der Kampf um die Gesamtwertung konnte im fast zehn Kilometer langen Anstieg zum Herzogenhorn beginnen. Es tobte nicht nur ein Zweikampf. Auch der Slowake Tomas Visnovsky hatte ein Interesse und forcierte immer wieder. Visnovsky wollte die 36 Sekunden auf Rang drei wettmachen. „Das war gut für mich, so konnte ich das Zepter etwas abgeben“, erzählte Schelb. Noch relativ weit unten im Anstieg drückte einmal Simon Stiebjahn aufs Tempo, irgendwo in der Mitte auch mal Schelb. Aber beides blieb ohne Wirkung. Voll zu attackieren, das wollten beide nicht riskieren. „Wenn es dich dann aufstellt, dann verlierst du selbst von der Skischanze hier hoch noch fünf Sekunden“, so Schelb.

Unterdessen kämpfte Matous Ulman an der Spitze mit zu wenig Luft im Hinterreifen. Etwa 15 Kilometer vor dem Ziel hätte er es bemerkt, so der Tscheche. Er verlor seine Führung und damit den möglichen Etappensieg vollends bei der Abfahrt. „Da konnte ich nicht mehr so schnell fahren. Aber so ist das halt, das gehört zu unserem Sport“, meinte Ulman, der im Sprint mit seinem Teamkollegen Visnovsky mit elf Sekunden Rückstand immerhin noch Tagesdritter wurde.

Der Attacke von Visnovsky fiel Sascha Weber (Maloja-Rocky Mountain). „Die Beine waren gut, aber habe meinen Puls nicht mehr runter bekommen. Tomas hat das gemerkt und hat auf der Fläche so hässlich gedrückt, dass ich nicht mehr mitgekommen bin“, berichtete Weber von seinem Kampf um Gesamtrang drei. Sechs Sekunden Vorsprung rettete der Freiburger noch ins Ziel. „Ich bin froh, dass es noch fürs Podium gereicht hat.“ Die beiden Hauptakteure aber neutralisierten sich bis zum Schluss. Vorjahres-Sieger Stiebjahn gelang es nicht mehr seinen Rivalen Schelb abzuhängen.

Stiebjahn fuhr als Erster über die Ziellinie, eine Sekunde dahinter Schelb. „Schneller hätte ich nicht gekonnt“, schüttelte Stiebjahn den Kopf. „Julian ist stark gefahren, ich bin mit Rang zwei auch zufrieden.“ Der zweite Etappensieg wurde ihm allerdings nachträglich wieder genommen. In der oben erwähnten Passage nahm Stiebjahn, wie sieben weitere Fahrer, eine Treppe hinunter auf die Straße anstatt eine letzte Serpentine auszufahren. Das wurde auch im Jahr vorher von einigen Fahrern so gemacht, ohne Sanktionen.

Diesmal verpassten die Kommissäre acht „Treppenfahrern“ eine Zeitstrafe von zehn Sekunden, so dass offiziell Julian Schelb zum dritten Mal als Etappensieger gefeiert wurde. Er war Visnovsky und Weber gefolgt, hätte unter Umständen aber auch die Treppe genommen. So oder so: Schelb gewann zum ersten Mal den Rothaus Bike Giro Hochschwarzwald. Nachdem er 2017 drei Etappen gewonnen, mit einem Kettenriss aber die Chancen auf den Gesamtsieg verloren hatte, war das auch verdient.

„Ich muss sagen, ich war schon nervös im Gelben Trikot in die letzte Etappe zu gehen und habe auch an 2017 gedacht. Noch an der Skibrücke habe ich für eine halbe Sekunde gedacht, jetzt könntest du noch alles verspielen. Es ist toll das Rennen zu gewinnen, auch für unser kleines Team“, erklärte der Deutsche Marathon-Meister.

Robyn de Groot:  Ich liebe es Rennen im Schwarzwald Rennen zu fahren

Die Damen gingen wie erwartet ohne die bis dahin Dritte Samara Sheppard in die Schluss-Etappe und die Gesamtwertung wurde auf den letzten 47 Kilometern noch mal zementiert.

Robyn de Groot und Sabine Spitz konnten sich schon früh vom Rest des Damenfeldes lösen, doch am Anstieg zum Stübenwasen, zwischen Kilometer 22 und 25, drehte die Südafrikanerin die Kurbel ein wenig schneller und holte einen Vorsprung von rund 30 Sekunden heraus. „Ich habe eigentlich erwartet, dass Sabine im Downhill wieder heran kommt“, erzählte de Groot im Ziel.

Doch die Olympiasiegerin kam nicht. Das hatte auch einen guten Grund. In der Abfahrt Richtung Todtnau erwischte ein männlicher Fahrer vor ihr die Linie nicht richtig und Spitz musste ein wenig ausweichen. Dadurch erlitt sie einen Durchschlag, ein Loch, das sie mit einem so genannten Plug wieder stopfte. Bis das erledigt war, wurde sie sowohl von Renata Bucher als auch von der Tschechin Tereza Neumanova (Ceska Sporitenla-Accolade) passiert.

Die 22-Jährige konnte Spitz aber schon kurz nach der Verpflegung in Todtnau wieder überholen und dann mit einem steten Rhythmus auch Bucher wieder kassieren. „Es lief heute wieder genau so gut wie gestern“, konstatierte Spitz und gratulierte Tages- und Gesamtsiegerin de Groot. „Sie war über die vier Tage klar die Stärkste.“

De Groot freute sich über ihren Gesamtsieg. „Ich liebe es hier im Schwarzwald Rennen zu fahren und hoffe, nächstes Jahr zurückzukommen“, sagte de Groot. „Voriges Jahr hatte ich auf dieser Etappe noch einen Defekt, dieses Jahr lief alles super.“ Überraschend überquerte die Hausacherin Clarissa Mai (Link Rad Quadrat) an der Talstation Seebuck als Dritte die Ziellinie.

Sie lag in Todtnau noch an fünfter Stelle, fand dann aber einen so hohen Rhythmus, dass sie sowohl Neumanova als auch Bucher noch passieren konnte.Die Schweizerin wehrte sich zwar, ging noch mal an Mai vorbei, doch vor der letzten Abfahrt griff Mai noch mal an. „Ich wollte mir das nicht nehmen lassen“, meinte Mai, die an den ersten beiden Tagen mit Magenproblemen zu kämpfen hatte. Renata Bucher wurde als Tages-Vierte Gesamt-Dritte und strahlte: „Ich bin überglücklich wie das hier lief, es hat mich richtig überrascht. Ich habe nicht mehr ganz den Biss wie früher, aber das muss auch nicht mehr sein.“

Und die Erinnerungen an 2015, als sie am Schluchsee zum dritten Mal Europameisterin im Cross-Triathlon wurde, hat sie auch aufgefrischt. „Die Gegend ist einfach sehr schön und die Organisation an den vier Tagen war sehr gut. Es waren vier sehr positive Tage“, so Bucher.
Erhard Goller

Fotos ©Sauser Event GmbH

https://rothaus-bike-giro.de/live-2019